Kapitel 5
Erdmittelalter

3   Kreidezeit: Blütezeit und Ende der Dinosaurier

Zusammenfassung von Teilen des Buchkapitels sowie Zusatzmaterial:

Wir befinden uns am Beginn der Kreidezeit, 135 Millionen Jahre vor der Gegenwart. In diesem Kapitel legen wir mehr als die Hälfte des noch verbleibenden Weges zurück, denn die Kreidezeit dauert 70 Millionen Jahre und endet mit dem Aussterben der Dinosaurier etwa 65 Millionen Jahre vor der Gegenwart.


Schauen wir uns zunächst wieder die Verteilung und Drift der Kontinente an. Man kann es kurz so zuammenfassen: Der Zerfall Pangäas geht weiter und die heutige Verteilung der Kontinente zeichnet sich langsam ab. Es ist warm (kein Eis an den Polen), der Meeresspiegel liegt hoch und flache Meere überfluten große Teile der Kontinente.


         


In der Kreidezeit öffnet sich der Südatlantik zwischen Afrika und Südamerika. Damit beginnt nun auch Gondwana, endgültig zu zerfallen. Indien und Madagaskar trennen sich von Afrika und beginnen ihre Wanderung nach Norden.


Pflanzen und Insekten:

Im feuchten und warmen Treibhausklima der Kreidezeit gedeiht an vielen Stellen eine artenreiche Pflanzenwelt. Blütenpflanzen (Bedecktsamer) breiten sich zunehmend aus, während Nacktsamer (Palmfarne, Ginkgos und Nadelgewächse) an Bedeutung verlieren. So entstehen in der späten Kreidezeit die Blüten-tragenden Laubbaumarten Eiche, Ahorn und Walnuss und machen den anderen Bäumen massiv Konkurrenz.



Blätter, Blüten und Früchte der Eiche. Quelle: Wikipedia Commons File:Illustration Quercus robur0.jpg,
Originalquelle: Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé: Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz, 1885, Gera, Germany, demnach copyright abgelaufen.


Blütenpflanzen sind darauf angewiesen, dass Insekten die Pollen von Blüte zu Blüte tragen. Umgekehrt sind diese Insekten auch auf den Nektar der Blüten angewiesen. Es überascht daher nicht, dass sich zugleich mit den Blütenpflanzen auch die entsprechenden Insekten entwickeln und ausbreiten (man spricht von Co-Evolution, also gemeinsamer Entwicklung). So entstehen beispielsweise die ersten Bienen.



Die Bienen der Kreidezeit (beispielsweise die stachellose Biene Trigona prisca) waren den heutigen Bienen (siehe Bild) bereits sehr ähnlich.
Bildquelle: Wikipedia Commons File:Honigbiene makro.jpg von Jon Sullivan, Public Domain,
Originalquelle: http://pdphoto.org/PictureDetail.php?mat=pdef&pg=7989 auf PD Photo.org


Aus der Kreidezeit gibt es ein besonders interessantes lebendes Fossil, das lange Zeit als ausgestorben galt: die Wollemie (Wollemia nobilis). Im September 1994 entdeckte man in einem abgelegenen Canyon im Wollemi-Nationalpark Australiens zufällig einige Exemplare. Weniger als 100 Exemplare dieser urtümlichen Nadelbaumart haben versteckt in den abgeschiedenen Canyons der Blue Mountains bis zur Gegenwart überlebt. Mittlerweile kann man sogar kleine Jungpflanzen für den eigenen Garten kaufen. Mehr zu Wollemien siehe unter http://germany.wollemipine.com/.



Wollemien -- lebende Fossilien aus der Kreidezeit.
Quelle: Wikimedia Commons File:WollemiaNobilisPineKiefer.jpg,
Wikimedia: photographed by Securiger, uploaded by Sweets 19:00, 3 Jun 2005 (UTC),
Datei dort lizensiert unter Creative Commons Attribution ShareAlike 1.0 License.



Dinosaurier und Vögel:

Die Dominanz der Dinosaurier an Land setzt sich in der Kreidezeit fort. Allerdings verschwinden viele Arten des Jura oder sind stark dezimiert wie beispielsweise Diplodocus, Stegosaurus und Allosaurus. Neue Arten treten an ihre Stelle, wobei sich die Tierwelt der nun voneinander getrennten Kontinente zunehmend unterscheidet. Hier sind einige Beispiele aus der neuen Artenvielfalt der Kreidezeit:



Der Raubsaurier Tyrannosaurus Rex erreicht ein Gewicht von 4,5 bis 7 Tonnen
Quelle: Wikimedia Commons File:Tyrannosaurus BW.jpg von Nobu Tamura,
dort lizensiert unter der Creative Commons Attribution 2.5 License.




Der pflanzenfressende Iguanodon, der eine Höhe bis zu 5 Metern erreicht und in der Kreidezeit sehr verbreitet ist.
Quelle: Wikimedia Commons File:Sketch iguanodon.jpg von Tim Bekaert (1995), dort gemeinfrei (public domain).




Triceratops ist mit einem Gewicht von 10 t schwerer als ein Afrikanischer Elefantenbulle.
Quelle: Wikimedia Commons File:Triceratops BW.jpg von Nobu Tamura, dort lizenziert unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung 2.5.


In der Kreidezeit treten besonders im heutigen China viele gefiederte Dinosaurier auf, die (wie zuvor Archaeopterix) auf die Abstammung der Vögel von den Dinosauriern hinweisen:


Deinonychus antirrhopus, ein gefiederter Theropode aus der frühen Kreidezeit (Nordamerika).
Quelle: Wikimedia Commons File:Deinonychus BW.jpg von Nobu Tamura,
dort lizensiert unter der Creative Commons Attribution 2.5 License.


Auch die Vögel selbst entwickeln sich weiter und beginnen, mit zunehmender Artenvielfalt die Erde zu bevölkern:

       
Links: Der Seevogel-artige Ichthyornis bevölkert das Nordamerikanische Flachmeer (Western Interior Seaway). Er besitzt viele kleine spitze Zähne im Schnabel.
Rechts: Der flugunfähige Hesperornis ist ein guter Schwimmer. Auch er hat kleine Zähne im Schnabel. Quellen:
Wikimedia Commons File:Ichthyornis BW.jpg von Nobu Tamura, dort lizenziert unter der Creative Commons–Lizenz „Attribution 3.0 Unported“.
Wikimedia Commons File:Hesperornis BW.jpg von Nobu Tamura, dort lizenziert unter der Creative Commons Attribution 3.0 Unported License.



Flugsaurier:

In der frühen und mittleren Kreidezeit sind Flugsaurier noch häufig. Sie entwickeln zum Teil riesige Formen. Gegen Ende der Kreidezeit werden sie jedoch zunehmend von den aufkommenden Vögeln verdrängt.


Pteranodon, Quelle: Wikipedia Commons File:Pteranodon hharder.jpg,
Quelle dort: The Wonderful Paleo Art of Heinrich Harder,
Heinrich Harder 1916, copyright abgelaufen.


   

Links: Ornithocheiros, ein mittelgroßer bis großer Pterosaurier.
Quelle: Wikimedia Commons File:Ornithocheirus BW.jpg von Nobu Tamura,
dort lizenziert unter der Creative Commons–Lizenz „Attribution 3.0 Unported“. Offizieller Lizenztext.

Rechts: Quetzalcoatlus ist mit einer Flügelspannweite von 11 - 13 m einer der größten Flugsaurier aller Zeiten.
Quelle: Wikimedia Commons File:Quetzfeedingwittonnaish2008.png von Mark Witton and Darren Naish (2008),
dort lizenziert unter der Creative Commons–Lizenz „Attribution 3.0 Unported“. Offizieller Lizenztext.
Quelle dort: Witton MP, Naish D (2008) A Reappraisal of Azhdarchid Pterosaur Functional Morphology and Paleoecology.
PLoS ONE 3(5): e2271. doi:10.1371/journal.pone.0002271Full text online.



Säugetiere:

Die Säugetiere spielen in der Kreidezeit noch eine untergeordnete Rolle gegenüber den Dinosauriern. Neuere Funde zeigen aber, dass es neben kleinen insektenfressenden Säugetieren bereits eine Vielzahl anderer Arten gibt. Dabei wird die Aufspaltung in verschiedene Arten unter anderem durch das Auseinanderbrechen Gondwanas gefördert (Details dazu im Buch).


Der Fleischfresser Repenomamus giganticus ist mit 12 bis 14 Kilogramm das größte bislang bekannte Säugetier des Erdmittelalters.
Quelle: Wikimedia Commons File:Repenomamus BW.jpg von Wikimedia-User Nobu Tamura,
dort lizenziert unter der Creative Commons–Lizenz „Attribution 3.0 Unported“. Offizieller Lizenztext.


Nur die folgenden drei Unterklassen der Säugetiere leben in der Gegenwart noch:


Das Leben im Meer:

In den ausgedehnten flachen Meeren der Kreidezeit gibt es eine Vielzahl von Lebewesen: Meeresreptilien (Riesenschildkröten, Riesenkrokodile, Ichthyosaurier, Plesiosaurier und die riesigen Mosasaurier, die mit den Waranen und Schlangen verwandt sind), Fische, moderne Haie sowie eine Vielzahl von Ammonitenarten, deren größte bis zu 2 Meter Durchmesser besitzen.

Aber auch bei den ganz kleinen Lebewesen im Meer tut sich Einiges: Viele Mikroorganismen entwickeln harte Skelette. So breiten sich beispielsweise Kieselalgen (engl. Diatoms), zunehmend im Meer aus. Sie sind Mikroorganismen (Eukaryoten, also Einzeller mit Zellkern), die Photosynthese betreiben und die in der Gegenwart der größte Primärproduzent von Biomasse in den Ozeanen sind. Mehr dazu siehe in Palaeos Mesozoic: Cretaceous: The Cretaceous Period: p. 1.



Plesiosaurier.
Bild von The Wonderful Paleo Art of Heinrich Harder, siehe obige Bilder-Links, copyright abgelaufen.




Der bis zu 18 Meter lange Mosasaurier Hainosaurus.
Quelle: Wikimedia Commons File:Hainosaurus073.jpg von Dmitry Bogdanov, dort gemeinfrei (Public Domain).



Das große Massensterben und das Ende der Dinosaurier:

Die Kreidezeit und mit ihr das Erdmittelalter enden 65 Millionen Jahre vor der Gegenwart mit einem großen Massensterben. Dieses fünfte Massensterben ist zwar nicht so groß wie das Massensterben am Ende des Erdaltertums 185 Millionen Jahre zuvor (also 250 Millionen Jahre vor der Gegenwart), aber es ist sicher das bekannteste Massensterben, denn es bedeutet das Ende für die seit 170 Millionen Jahren erfolgreichen Dinosaurier. Sogar die Ammoniten, die es seit mehr als 300 Millionen Jahren gibt (siehe Kapitel 5.4 (Devon) ), sterben aus. Auch alle Meeresreptilien außer Schildkröten und Krokodilen erwischt es tödlich. An Land sterben neben den Dinosauriern auch die Flugsaurier komplett aus. Vögel und Säugetiere überleben, wenn auch stark dezimiert.

Wie kommt es zu diesem Massensterben?

Ein Grund könnte der etwa 10 Kilometer große Asteroid sein, der zum Ende der Kreidezeit auf der Yucatán-Halbinsel im heutigen Mexiko einschlägt (siehe auch Wikipedia: Kreide-Tertiär-Grenze sowie David A. Kring, Daniel D. Durda: Der Tag, an dem die Erde brannte, Spektrum der Wissenschaft, Februar 2005, S. 48).

Zur Zeit des Einschlags ist dieses Gebiet von einem flachen Meer bedeckt. Der auch Chicxulub-Krater genannte Einschlagskrater ist in der Gegenwart nicht mehr direkt sichtbar, da er durch Erosion abgetragen und unter kilometer-dicken Sedimentschichten begraben ist. Chicxulub ist übringens ein Maya-Wort und bedeutet soviel wie Schwanz des Teufels. Der Krater wurde erst 1981 anhand von kreisförmigen Variationen der Erdgravitation in diesem Gebiet aufgespürt und wird seitdem mit modernen Techniken intensiv untersucht und vermessen.



Lage des Einschlagskraters auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan.
Quelle: Wikimedia Commons File:Yucatan chix crater.jpg, public domain
Quelle dort: http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA03379 NASA/JPL-Caltech, modified by David Fuchs.




So ungefähr könnte der Einschlag des Asteroiden ausgesehen haben.
Bildquelle links: Wikipedia Commons File:KT-impact.gif,
ursprüngliche Quelle: NASA: http://www.nsf.gov/news/special_reports/dino/ultimate.jsp, demnach Public Domain.
Bildquelle rechts: Wikipemedia Commons File:Impact event.jpg,
Made by Wikimedia-User Fredrik. Cloud texture from public domain NASA image. Bild ist Public Domain.


Ob dies ausreicht, das globale Massensterben zu erklären, ist unklar, denn niemand kann die Folgen wirklich gut abschätzen. Die meisten Wissenschaftler gehen mittlerweile aber davon aus, dass der Einschlag des Asteroiden wohl die entscheidende Ursache des Massensterbens ist.

Vielleicht ist das Massenaussterben auch auf eine Kombination mehrerer Faktoren zurückzuführen. Ein solcher zusätzlicher Faktor könnte der massive Vulkanismus am Ende der Kreidezeit sein. Das kennen wir bereits vom größten Massensterben der Erdgeschichte aus Kapitel 4.6 (Perm). In der Kreidezeit gibt es über lange Zeiträume intensive vulkanische Aktivitäten, verursacht durch die neuen Spreizungszonen, die Pangäa auseinanderbrechen lassen, sowie durch Super-Plumes. Besonders Indien und der westliche Pazifik sind betroffen. Zum Ende der Kreidezeit, zwischen 68 und 60 Millionen Jahre vor der Gegenwart, ereignen sich besonders intensive Ausbrüche in Südindien. Das austretende Magma bildet bis zu 2 Kilometer dicke Basaltschichten, die schließlich große Teile Indiens bedecken. Man nennt sie die Dekkan-Trapps. Erinnern wir uns: am Ende des Perm bildeten sich analog die Sibirischen Trapps.


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last modified on 07 September 2012