Wenn wir Materie verstehen wollen, so
müssen wir uns sowohl mit den elementaren Teilchen als auch
auch mit den Wechselwirkungen zwischen ihnen befassen.
Newton formulierte dazu seine zwei berühmten Bewegungsgesetze
(eigentlich waren es historisch drei Bewegungsgesetze – mehr dazu siehe unten
in den Zusatzinfos):
Kraft = Masse mal Beschleunigung, kurz
Actio gleich Reactio:
Übt ein Körper eine Kraft auf
einen zweiten Körper aus, so übt auch dieser zweite Körper
eine umgekehrte Kraft auf den
ersten Körper aus.
Die konstante Schwerkraft beschleunigt eine
nach rechts fliegende Kugel nach Newtons Gesetz (Kraft = Masse mal Beschleunigung)
gleichmäßig nach unten.
Man kennt heute vier grundlegende Wechselwirkungen (Kräfte) zwischen den Bausteinen der Materie:
Gravitation (Schwerkraft)
elektromagnetische Wechselwirkung
schwache Wechselwirkung
starke Wechselwirkung
Gravitation (Schwerkraft):
Die anziehende Schwerkraft zwischen zwei kleinen Körpern
der Masse und im Abstand voneinander
wird recht genau durch Newtons Gravitationsgesetz beschrieben:
Die Gravitationskonstante
braucht man, da man schwere und träge Masse
gleichsetzt (mehr dazu im Buch).
Auf einen Satelliten,
der sich in etwa 6400 Kilometer Höhe über dem Erdboden befindet, wirkt
nach Newtons Gravitationsgesetz nur noch
ein Viertel der Schwerkraft, die am Erdboden auf ihn
gewirkt hat, da er sich nun doppelt soweit vom Erdmittelpunkt
weg befindet (der Erdradius beträgt etwa 6400 Kilometer).
elektromagnetische Wechselwirkung:
Sie beschreibt die elektrischen und magnetischen Kräfte zwischen elektrischen Ladungen.
Das Kraftgesetz zwischen zwei ruhenden elektrischen Ladungen und
sieht vollkommen analog zu Newtons Gravitationsgesetz aus:
mit dem Proportionalitätsfaktor
den man im SI-Einheitensystem aufgrund der Ladungsdefinition über die Stromstärke braucht
(Details im Buch). Oft schreibt man auch
mit der elektrischen Feldkonstanten
(das große C steht für die SI-Ladungseinheit Coulomb)
mit der Lichtgeschwindigkeit
Es gilt die exakte Definition:
Mehr dazu in den Zusatzinfos unten.
Im Unterschied zur Gravitation, die immer anziehend zwischen zwei
Körpern wirkt, gibt es sowohl anziehende als auch abstoßende
elektrische Kräfte und entsprechend positive und negative elektrische Ladungen.
Die elektrische Kraft zwischen geladenen Teilchen ist dabei sehr viel stärker als
die Schwerkraft zwischen ihnen.
Bei bewegten elektrischen Ladungen kommen Magnetfelder hinzu.
Die genauen Zusammenhänge werden durch die Maxwellgleichungen beschrieben.
Letztlich haben Magnetfelder ihre Ursache in der speziellen Relativitätstheorie Einsteins, aus der
sich auch die obige Formel zwischen und der Lichtgeschwindigkeit ergibt
(siehe Zusatzinfos unten).
Der Zusammenhang zwischen elektrischen und magnetischen Kräften führt also auf eine universelle
Naturkonstante: die Lichtgeschwindigkeit .
In Kurzform lauten die Maxwellgleichungen (zur Veranschaulichung siehe unten die Zusatzinfos):
Definition des elektrischen und des magnetischen Feldes:
Das elektrische Feld und magnetische Feld wird durch seine
Kraftwirkung auf eine punktförmige elektrische
Probeladungen definiert, die sich mit der
Geschwindigkeit bewegt:
Den zweiten Term nennt man Lorentzkraft.
Coulombsches Kraftgesetz:
Eine punktförmige Ladung erzeugt ein radiales elektrisches Feld
Gauß'sches Gesetz des Magnetismus:
Es gibt keine magnetischen Ladungen (Monopole).
Faradaysches Induktionsgesetz:
Ein sich verstärkendes oder abschwächendes Magnetfeld
erzeugt ein elektrisches Wirbelfeld, dessen Richtung senkrecht
zum Magnetfeld orientiert ist. Je schneller die zeitliche
Veränderung des Magnetfeldes ist, umso stärker ist das
dadurch erzeugte elektrische Feld.
Ampèresches Gesetz:
Ein stromdurchflossener Leiter erzeugt ein magnetisches Feld, das
den Leiter ringförmig umschließt und dessen Stärke proportional
zur Stromstärke ist. Ebenso erzeugt ein
sich verstärkendes oder abschwächendes elektrisches Feld
ein Magnet-Wirbelfeld, dessen Richtung senkrecht
zum elektrischen Feld orientiert ist. Je schneller die zeitliche
Veränderung des elektrischen Feldes ist, umso stärker ist das
dadurch erzeugte Magnetfeld.
Elektrische und magnetische Felder lassen sich überlagern, ohne sich zu stören
(Superpositionsprinzip):
Das Superpositionsprinzip für elektrische Kräfte besagt u.a.:
Die Gesamtkraft, die zwei Ladungen auf eine Probeladung ausüben, ist gleich der
Summe der Kraftpfeile, die von den einzelnen Ladungen herrühren.
Erst bei der Betrachtung der
Atomkerne und ihrer Zerfälle werden wir später auf die
schwache und die starke Wechselwirkung stoßen.
Zusatzinformationen:
As for the forces, electromagnetism and gravity we experience in everyday life.
But the weak and strong forces are beyond our ordinary experience.
So in physics, lots of the basic building blocks take 20th- or perhaps 21st-century equipment to explore.
Zitat von Edward Witten, siehe Internet
From a long view of the history of mankind – seen from, say, ten thousand years from now –
there can be little doubt that the most significant event of the 19th century will be judged as
Maxwell's discovery of the laws of electrodynamics. The American Civil War will pale into
provincial insignificance in comparison with this important scientific event of the same decade.
Historisch hat Newton nicht zwei, sondern drei Bewegungsgesetze formuliert,
siehe z.B. Wikipedia: Newtonsche Gesetze.
Das erste Bewegungsgesetz (das Trägheitsprinzip) ist jedoch ein Spezialfall
seines zweiten Bewegungsgesetzes (Kraft = Masse × Beschleunigung), so dass ich es im Buchtext
der ersten Auflage nicht separat aufgeführt habe (in der zweiten Auflage dagegen schon).
Häufig formuliert man das Bewegungsgesetz
auch in der allgemeineren Form
d.h. die Kraft ist gleich der zeitlichen Änderung
des Impulses des Objektes,
auf das die Kraft wirkt. Anschaulich ist der Impuls daher ein gespeicherter Kraftstoß, also gleichsam
der Schwung eines Objektes. Ohne eine wirkende Kraft ist der Impuls zeitlich konstant.
Bei kleinen Geschwindigkeiten (relativ zur Lichtgeschwindigkeit )
ist der Impuls eines Objektes der Masse und Geschwindigkeit
gegeben durch
was dann von zu
führt.
Die allgemeine Formel
ist aber auch für schnelle Teilchen korrekt,
wobei dann der relativistische Teilchenimpuls
verwendet werden muss mit
(mehr dazu siehe Kapitel 3.2).
Eine physikalische Bedeutung erhält dieses Bewegungsgesetz erst, wenn man noch irgendeine
Zusatzinformation über die Kraft hat, aus der man diese berechnen kann, beispielsweise
über Newtons Gravitationsgesetz.
Wenn man nur als Definition
der Kraft versteht, gewinnt man nicht viel, denn dann hat man nur einen neuen Begriff für das Produkt
aus Masse mal Beschleunigung eingeführt. Man muss weitere Informationen unabhängig von diesem
Gesetz über die wirkende Kraft besitzen, und diese Informationen müssen in gewissem Sinn
einfach sein. Ein Beispiel für diese Einfachheit wäre die Beobachtung, dass Kräfte
einen materiellen Ursprung haben. Wenn weit und breit kein anderer Körper vorhanden ist,
so sollte auch keine Kraft wirken.
Ein Objekt bewegt sich nur, wenn eine Schmaft auf es einwirkt – ansonsten ruht es bewegungslos.
Auch das ist eine Definition, ähnlich der Definition der Kraft
(ein Objekt beschleunigt nur, wenn eine Kraft auf es einwirkt – ansonsten bewegt es sich mit konstanter Geschwindigkeit).
Aber anders als die Kraft wäre diese Schmaft nicht einfach.
So beobachten wir im leeren Weltall fernab von anderen Objekten, dass eine antriebslose Raumkapsel
sich geradlinig-gleichförmig bewegt, ohne zum Stillstand zu kommen.
Natürlich könnten wir
sagen, dass dann eine Schmaft auf das Raumschiff wirken muss, aber diese Aussage wäre vollkommen
bedeutungslos und würde uns bei der Beschreibung der Welt nicht weiterhelfen.
Das ist vollkommen anders, wenn wir haben und
beispielsweise die Gravitationskraft über Newtons Gravitationsgesetz berechnen – schon können
wir die Planetenbahnen im Schwerefeld der Sonne berechnen und uns
ansehen, ob sich die Planeten tatsächlich so bewegen.
Und im leeren Weltall fernab von anderen Objekten wirkt dann eben keine relevante Kraft,
so dass sich die Raumkapsel auch geradlinig-gleichförmig bewegt. Eine Schmaft brauchen wir dann nicht mehr,
um das zu erklären.
Actio gleich Reactio:
Das Gesetz Actio gleich Reactio besagt, dass in einem abgeschlossenen System
aus mehreren Objekten, auf das keine äußere Kraft wirkt, die Summe aller inneren Kräfte
gleich Null ist. Die inneren Kräfte können also zwar zu inneren Impulsflüssen zwischen den
Objekten führen, nicht aber den Gesamtimpuls des Systems ändern. Das ist der Impulserhaltungssatz.
Übrigens ist es manchmal nützlich, sich auch
bei einem statischen System die insgesamt ausgeglichenen inneren Kräfte
(Spannungen) als Impulsflüsse vorzustellen, die sich gegenseitig neutralisieren.
Diese Impulsflüsse werden spätestens dann wichtig, wenn man zur Relativitätstheorie übergeht.
Wenn man ganz genau hinschaut, so scheint das Gesetz Actio gleich Reactio und damit die Impulserhaltung
manchmal für kurze Zeiten verletzt zu sein, denn nach der speziellen Relativitätstheorie dauert es
immer eine kurze Zeit, bis ein Objekt auf ein anderes Objekt eine Kraft ausüben kann
(denn nichts kann sich schneller als das Licht bewegen, auch keine Kraftwirkung).
Der zwischen den Objekten übertragene Impuls scheint für kurze Zeit verborgen zu sein.
Im Fall elektromagnetischer Kräfte steckt dieser Impuls im elektromagnetischen Feld, das
die Kräfte überträgt, d.h. auch elektromagnetische Felder haben Impuls (und Energie).
Sobald wir später elektromagnetische Felder durch Photonen beschreiben, werden wir sagen können:
auch Photonen besitzen Impuls! Sobald wir diese Impulse mit berücksichtigen, ist mit der
Impulserhaltung wieder alles in Ordnung.
b) Der Zusammenhang zwischen k und c
Der oben und im Buchkapitel dargestellte Zusammenhang zwischen der Proportionalitätskonstante
k und der Lichtgeschwindigkeit c ergibt sich so:
Die Stromeinheit Ampere ist im SI-Einheitensystem über die Anziehungskraft zwischen zwei
parallelen stromführenden Drähten definiert (siehe
Wikipedia: Ampere sowie weiter unten
unter dem Punkt Ampèresches Gesetz).
Diese Anziehungskraft entsteht durch das Magnetfeld,
das durch die Ströme erzeugt wird. Die Definition des Amperes
kann man daher in eine Definition der
magnetischen Feldkonstanten übersetzen, d.h. es gilt exakt
(seit 1919 ist allerdings das SI-System geändert worden, sodass
seitdem zu einer Messgröße geworden ist, die Messunsicherheiten aufweist).
Aus den Maxwellgleichungen lässt sich nun eine Wellengleichung für elektromagnetische Wellen herleiten.
Das geht so:
Nach dem Faradayschen Induktionsgesetz (siehe unten)
erzeugt ein sich veränderndes Magnetfeld ein elektrisches Wirbelfeld:
Nach dem Ampèreschen Gesetz (siehe unten) erzeugt im stromfreien Raum umgekehrt
ein sich veränderndes elektrisches Feld ein magnetisches Wirbelfeld:
Wendet man auf die erste Gleichung erneut den Rotationsoperator an,
so ergibt sich mithilfe der zweiten Gleichung
Zugleich ist
und im ladungsfreien Raum gilt zusätzlich ,
so dass nur der zweite Term
stehen bleibt.
Damit erhalten wir die Wellengleichung
Eine analoge Gleichung lässt sich für herleiten.
Man kann sich nun überlegen, dass Wellen (z.B. Sinuswellen) mit einer Geschwindigkeit
von
diese Gleichung lösen.
Wir wollen das am Beispiel einer in x-Richtung laufenden ebenen Sinuswelle überprüfen,
für die wir den Ansatz
machen, wobei wir das Argument des Sinus (die Phase) im
Bogenmaß angeben – daher der Faktor .
Anschaulich ist damit die räumliche Wellenlänge und die zeitliche Frequenz.
Eine konstante Wellenhöhe (z.B. ein Wellenberg) entspricht nun einem konstanten Wert für die Phase
und die Stellen konstanter Phase wandern mit der Zeit
nach der obigen Formel
entlang der x-Achse. Aufgelöst nach ergibt das die Gleichung
d.h.
die Welle bewegt sich mit der Geschwindigkeit
Wenn wir nun den obigen Ansatz in die Wellengleichung einsetzen, so ergibt das
und somit
Da gleich der Wellengeschwindigkeit ist, haben wir damit unser Ergebnis
abgeleitet.
Alle elektromagnetischen Wellen (also auch Licht) haben nach der
obigen Wellengleichung dieselbe Geschwindigkeit ,
die mit der elektrischen und magnetischen
Feldkonstanten so zusammenhängt
(siehe auch
Wikipedia: Elektrische Feldkonstante):
Daraus ergibt sich für der exakte Wert (sofern man exakt vorgibt)
Zwei Ladungen von je einem Coulomb im Abstand von einem Meter üben also aufeinander
die Kraft von Newton aus.
Das sind ziemlich genau 9 Milliarden Newton, also die Gewichtskraft von knapp 1 Millionen Tonnen.
Setzt man in guter Näherung die Lichtgeschwindigkeit gleich m/s ,
so ergibt sich der oben genannte Wert von
Definition des elektrischen und des magnetischen Feldes:
Elektrisches und magnetisches Feld werden definiert, um den
Begriff der Fernwirkung von räumlich entfernten
Ladungen aufeinander zu umgehen und durch eine lokale Beschreibung zu ersetzen.
Man beschreibt also nicht direkt die Kräfte, die Ladungen aufeinander ausüben, sondern
Ladungen erzeugen zunächst elektromagnetische Felder im umgebenden Raum, und die lokale Stärke
dieser Felder an einem Ort
bestimmt anschließend, welche Kraft auf eine an diesem Ort befindliche Ladung wirkt.
Damit lässt sich die endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagnetischer Kräfte
viel leichter beschreiben als ohne den Feldbegriff.
Ein elektrisches Feld erzeugt bei einer Ladung
die Kraft
Dabei kann positiv oder negativ sein:
So wirkt ein elektrisches Feld auf eine positive oder negative Ladung.
Ein Magnetfeld erzeugt bei einer bewegten Ladung die Lorentzkraft
(wobei für das Kreuzprodukt von Vektoren steht,
siehe Wikipedia: Kreuzprodukt).
Die Kraft steht dabei senkrecht zur
Geschwindigkeit und dem Magnetfeld (siehe unten das Bild links).
Bei stromführenden dünnen Leiter mit Stromstärke
ist
Dabei ist die kleine Ladungsmenge, die der Strom während der Zeit
durch ein kleines Leiterstück der Länge transportiert.
Auf das kleine Leiterstück wirkt also die Kraft
(siehe das rechte Bild unten).
Nach diesem Prinzip funktionieren beispielsweise Elektromotoren.
Bei einer elektrischen Punktladung zeigt das elektrische Feld radial nach außen
und nimmt bei wachsendem Abstand zur Ladung mit ab:
Das radiale elektrisched Feld einer ruhenden positiven Punktladung.
Man kann auch anschaulich sagen: Die elektrische Feldstärke entspricht der Dichte
der roten Feldlinien, die ebenfalls mit abnimmt.
Legt man um die Ladung herum eine geschlossene Oberfläche (im Bild oben durch den schwarzen Kreis dargestellt),
so ist die Anzahl der elektrischen Feldlinien,
die die Fläche nach außen durchstoßen
(der sogenannte elektrische Fluss durch die Fläche) proportional zur darin
eingeschlossenen Ladung. Ladungen sind gleichsam Quellen für den elektrischen Fluss.
Die genaue Formel dafür lautet
mit der elektrischen Feldkonstanten, wobei
die im Volumen enthaltene elektrische Ladungsmenge und der Rand (die Oberfläche)
dieses Volumens ist, d.h. das Integral ergibt den elektrischen Fluss durch diese Oberfläche.
Diese Gleichung gilt auch für kompliziertere elektrische Felder und bewegte Ladungen,
deren Feld nicht gleichförmig radial ist.
In differentieller Form lautet diese Gleichung
mit der Ladungsdichte (Ladung pro Volumen).
Bei einer ruhenden punktförmigen Ladung im Mittelpunkt eines Kugelvolumens mit Radius ist
mit
und somit
Die Kraft auf eine Probeladung im Abstand von der Ladung ist also gleich
Das ist genau das bekannte Coulombsche Kraftgesetz zwischen zwei ruhenden elektrischen Ladungen.
Gauß'sches Gesetz des Magnetismus:
Magnetfelder haben keine Quellen, sondern bestehen aus Wirbeln (geschlossenen Feldlinien).
Es gibt also keine magnetischen Ladungen, an denen magnetische Feldlinien
starten oder enden:
Magnetfelder haben keine Quellen, sondern bilden immer geschlossene Feldlinien (Wirbel)
Legt man eine geschlossene Oberfläche (z.B. eine Kugeloberfläche)
in ein Magnetfeld, so treten genauso viele
Magnetfeldlinien in das dadurch eingeschlossene Volumen hinein wie heraus, d.h. der magnetische
Fluss durch eine geschlossenen Oberfläche ist Null.
In Analogie zum elektrischen Fluss oben lautet die Formel dafür
wobei
wieder der Rand (die Oberfläche)
des Volumens ist, d.h. das Integral ergibt den magnetischen Fluss durch diese Oberfläche.
In differentieller Form lautet diese Gleichung
Faradaysches Induktionsgesetz:
Ein sich veränderndes Magnetfeld
erzeugt ein elektrisches Wirbelfeld.
In einer geschlossene Leiterschleife entsteht
aufgrund des elektrischen Wirbelfeldes eine elektrische Spannung,
die proportional zur zeitlichen magnetischen Flussänderung durch die Leiterschleife ist.
Dabei ist der magnetische Fluss anschaulich
die Zahl der Magnetfeldlinien, die die Fläche durchstoßen, deren Rand die Leiterschleife bildet.
Je mehr dieser Fluss zeitlich zu- oder abnimmt, umso stärker ist die induzierte elektrische Spannung.
Nach diesem Prinzip funktionieren Dynamos und andere elektrische Generatoren.
Ein elektrisches Wirbelfeld,
das von einem sich verändernden Magnetfeld erzeugt wird.
In Formeln ausgedrückt ist der magnetische Fluss durch die Fläche , deren Rand
die Leiterschleife bildet, gleich
Die induzierte Spannung in der Leiterschleife ist wiederum gleich
und es gilt:
In differentieller Form lautet diese Gleichung
Ampèresches Gesetz:
Ein elektrischer Strom sowie ein sich veränderndes elektrisches Feld
erzeugen ein magnetisches Wirbelfeld:
Ein magnetisches Wirbelfeld kann von einem Strom
oder einer elektrischen Feldänderung erzeugt werden.
Legt man eine geschlossene Schleife in dieses Feld,
so kann man das Magnetfeld entlang dieser Schleife aufintegrieren (man könnte formal von einer
magnetischen Spannung sprechen).
Dieses Magnetfeld-Schleifenintegral
hängt mit dem Stromfluss
und dem elektrischen Feldfluss
durch die Schleifenfläche zusammen
(dabei ist die Flächenstromdichte):
Je größer der Stromfluss ist oder je mehr der elektrische Fluss sich
zeitlich ändert, umso stärker ist
das Magnetfeld-Schleifenintegral:
mit der magnetischen Feldkonstanten und der elektrischen Feldkonstanten.
In differentieller Form lautet diese Gleichung
Nach diesem Prinzip funktionieren beispielsweise Elektromagneten.
Die Einbeziehung des elektrischen Flusses bei der Magnetfelderzeugung ist ein wichtiger Punkt,
den man schnell übersehen kann. Nur so erhält man ein konsistentes Bild, wenn man beispielsweise in ein
stromführendes Kabel einen Kondensator einbaut – zwischen den beiden Kondensatorplatten fließt
kein Strom, aber beim Aufladen verstärkt sich das elektrische Feld zwischen den Platten, so dass
sowohl das Kabel als auch der Kondensator von einem ringförmigen Magnetfeld umschlunden werden.
Etwas abstrakter kann man sagen: Nur wenn man die Änderung des elektrischen Flusses bei der
Erzeugung von Magnetfeldern mit einbezieht, gerät man nicht in Konflikt mit dem
Erhaltungssatz für die elektrische Ladung – mehr dazu weiter unten (Kontinuitätsgleichung).
Man kann nun leicht die magnetische Anziehungskraft zwischen zwei parallelen Leitern im Abstand
voneinander angeben, durch die parallel je ein elektrischer Strom fließt:
Dazu legen wir um einen der Leiter im Radius eine Kreißchleife, so dass gilt:
(mit ) und somit
wobei das Magnetfeld den
Leiter ringförmig umläuft.
Auf den anderen Leiter wird pro Leiterstück durch das Magnetfeld die Kraft
ausgeübt (siehe oben).
Da Magnetfeld und Leiterstück senkrecht aufeinander stehen, gilt für die Beträge:
Im SI-Einheitensystem legte man früher die Stromstärke-Einheit Ampere (A) gerade so fest, dass
den festen Wert
erhält.
Das Ampere war also gerade so definiert, dass zwei parallele stromführende Leiter mit je
Ampere Strom im Abstand Meter pro Leiterlänge Meter
aufeinander eine Kraft von
ausüben. Das ist genau die auch im Buchkapitel
angegebene (ehemalige) Definition der Stromstärke-Einheit Ampere.
Eine super-animierte Grafik des elektromagnetischen Feldes,
das eine Dipol-Antenne abstrahlt, findet man übrigens unter
Wikimedia Commons File:DipoleRadiation.gif.
So sieht es aus, wenn man den Maxwellgleichungen Leben einhaucht!
Sich ändernde elektrische und magnetische Felder können sich von ihrer Quelle ablösen und sich
aufgrund der Maxwellgleichungen oben gegenseitig am Leben erhalten. Das ist das Geheimnis der
elektromagnetischen Wellen.
zu den Maßeinheiten:
Bisher haben wir die Maxwellgleichungen im SI-Einheitensystem angegeben,
bei der (früher) zunächst die magnetische Feldkonstante festgelegt und damit
die Stromeinheit Ampere über die magnetischen Kräfte definiert wird.
Über die Stromeinheit ist dann automatisch eine Ladungseinheit definiert (nämlich die pro Zeit
transportierte Ladung), in diesem Fall das Coulomb:
1 Coulomb = 1 Ampere × 1 Sekunde.
Die elektrische Feldkonstante ist dann über die elektromagnetischen Wellen
festgelegt, also .
Zusammengefasst beginnt man hier mit den magnetischen Kräften und der Stromeinheit,
wodurch die elektrischen Kräfte und die Ladungseinheit festgelegt sind.
Man hätte übrigens auch auf die Stromeinheit Ampere verzichten können und der magnetischen
Feldkonstanten beispielsweise den Wert Eins zuordnen können.
Die Stromeinheit wäre dann gemäß der Formel (siehe oben)
einfach gleich , die Ladungseinheit wäre gleich
und die elektrische Feldkonstante wäre .
Eine andere Möglichkeit besteht darin, mit den elektrischen Kräften zu beginnen.
So könnte man der elektrischen
Feldkonstanten den Wert Eins zuordnen
und so die Ladungseinheit festlegen. Die Ladung würden
dann in der Einheit
gemessen, die Stromstärke in der Einheit
und die magnetische Feldkonstante wäre .
Diese Maßeinheiten haben wir in
Quantenfeldtheorie und Eichfelder, Kapitel 4 verwendet,
wobei dort das Magnetfeld noch einen Faktor enthält
(Heaviside-Maßeinheiten).
Die Kontinuitätsgleichung:
Elektrische Ladung kann weder erzeugt noch vernichtet werden.
Für sie gilt daher die folgende Kontinuitätsgleichung:
Dabei ist ein Raumvolumen, ist die Oberfläche des Volumens,
ist die Ladungsdichte und die Flächenstromdichte.
Das Volumenintegral links ist also die im Volumen enthaltene Gesamtladung,
und das Flächenintegral rechts ist der elektrische Strom, der das Volumen über
seine Oberfläche verlässt.
Die Gleichung sagt also, dass ein elektrischer Strom, der das Volumen verlässt,
zu einer zeitlichen Abnahme der Gesamtladung im Volumen führt.
Elektrische Ladung kann also immer nur über Ströme einen Raumbereich verlassen,
aber nie einfach so spurlos verschwinden.
In differentieller Schweibweise lautet diese Gleichung:
Wenn also ein sehr kleiner Raumbereich eine Quelle für die
Stromdichte darstellt (das ergibt den Term ),
so nimmt dort die elektrische Ladungsdichte ab.
Schauen wir uns dazu noch einmal das Ampèresche Gesetz von oben an:
Wie oben bereits erwähnt, kann man den zweiten Term rechts leicht übersehen und denkt nur daran, dass
Ströme ein Magnetfeld erzeugen.
Angenommen, es gäbe den zweiten Term nicht und wir hätten nur die Gleichung
d.h. nur Ströme würden Magnetfelder erzeugen.
Wenn wir nun die Divergenz links und rechts bilden, so ist
links
und wir erhalten rechts
Es gäbe dann keine Quellen für die Stromdichte
und nach der Kontinuitätsgleichung müsste
gelten.
Die Ladungsdichte müsste zeitlich konstant bleiben – das ist genau der statische Fall,
bei dem sich Ladungsdichten, Ströme und Felder zeitlich nicht ändern.
Im dynamischen Fall müssen wir jedoch den zweiten Term
berücksichtigen, denn dann ergibt die Divergenz
der Gleichung rechts den Zusatzterm
wobei wir die Maxwellgleichung verwendet haben.
Wir erhalten damit die Kontinuitätsgleichung
als Folge der Maxwellgleichungen.
Umgekehrt ist der zweite Term rechts im Ampèreschen Gesetz notwendig, um die Kontinuitätsgleichung
sicherzustellen. Ein sich änderndes elektrisches Feld muss ein Magnetfeld erzeugen, damit die Ladungserhaltung
gilt.
elektromagnetische Potentiale:
In der klassischen Physik sind elektrische und magnetische Felder die
geeigneten Größen, um elektromagnetische Phänomene zu beschreiben, denn
mit ihnen lässt sich die Kraft auf eine kleine Probeladung in Newtons Bewegungsgesetz direkt berechnen.
In der Quantentheorie wird die Beschreibung der
Bewegung durch eine Bahnkurve durch eine Wellenbeschreibung ersetzt, so dass
der Kraftbegriff seine Bedeutung verliert. An seine Stelle tritt eine Beschreibung,
wie sich Frequenz und Wellenlänge im elektromagnetischen Feld verändern.
Nun hängt in der Quantentheorie
die Frequenz mit der Teilchenenergie und die Wellenlänge mit dem Teilchenimpuls zusammen.
Die elektrische Energie ist wiederum mit dem elektrischen Potential
und der Impuls mit dem sogenannten Vektorpotential verknüpft.
Daher beschreibt man elektromagnetische Phänomene in der Quantentheorie am Besten
mithilfe der elektromagnetischen Potentiale an Stelle der Felder.
Nur so kann man eine lokale Beschreibung beibehalten (Details dazu
siehe Zusatzinfos zu Kapitel 5.3, speziell auch den Aharanov-Bohm-Effekt).
Vektorpotential:
Da es keine magnetischen Ladungen gibt, also
gilt,
ist das Magnetfeld ein reines Wirbelfeld ohne Quellen.
Ein solches Wirbelfeld kann man immer als Wirbelstärke eines
Vektorpotentials schreiben:
denn umgekehrt ist dann die Divergenz eines solchen Rotationsfeldes immer automatisch Null:
elektrisches Potential:
Wenn man in Faradays Induktionsgesetz
das Magnetfeld als
schreibt und alle Terme nach links bringt,
so erhält man
d.h. der Term in der Klammer ist ein wirbelfreies Feld
und lässt sich demnach als Gradient (Steigung) eines skalaren (elektrischen)
Potentials schreiben:
(das Minuszeichen ist reine Konventionssache). Meist stellt man diese Gleichung noch nach frei:
Eichtransformation der Potentiale:
Die beiden Potentiale sind nicht eindeutig. So kann man zum Vektorpotential
ein beliebiges wirbelfreies Feld hinzuaddieren (oder subtrahieren), ohne die Wirbelstärke
von und damit das Magnetfeld zu ändern.
Ein solches wirbelfreies Zusatzfeld kann man immer als Gradient eines skalaren Feldes schreiben.
Das Vektorpotential
ist also in Bezug auf das Magnetfeld gleichwertig zu .
So etwas nennt man eine Eichtransformation.
Um durch die Eichtransformation auch das elektrische Feld nicht zu verändern, müssen wir
das elektrische Potential ebenfalls transformieren, und zwar nach der Formel
mit demselben skalaren Feld , denn dann heben sich die beiden -Terme in der Formel
gegenseitig auf.
Eichtransformationen spielen eine zentrale Rolle bei der Formulierung des Standardmodells.
Mehr dazu siehe Kapitel 5.3.
d) Der relativistische Ursprung des Magnetfeldes
Letztlich ist die Form der Maxwellgleichungen durch die spezielle Relativitätstheorie bestimmt
(siehe Kapitel 3.2).
Es kommt zu einem Wechselspiel von relativistischer Längenkontraktion, Zeitdilatation
und der konsistenten Beschreibung einer physikalischen Situation durch unterschiedliche elektrische und magnetische
Felder, je nach Bezugssystem.
Feynman betrachtet dazu in seinen
Feynman Vorlesungen über Physik, Band 2: Elektromagnetismus und Struktur der Materie,
Kap. 13-6 folgendes Beispiel:
In einem ruhenden unendlich langen
elektrisch neutralen Draht fließt ein elektrischer Strom, denn es bewegen sich alle Elektronen im Draht
mit der Geschwindigkeit nach rechts. Zugleich befindet sich außerhalb des Drahtes in gewissem Abstand
ein einzelnes Elektron, das sich mit derselben Geschwindigkeit ebenfalls nach rechts bewegt,
parallel zum Draht.
Der elektrische Strom im ruhenden Draht erzeugt ein ringförmiges Magnetfeld um den Draht,
so dass auf das bewegte Elektron außerhalb des Drahtes eine Lorentzkraft wirkt, die das Elektron in
Richtung Draht zieht (siehe Bild unten links).
Wie sieht dieselbe Situation aus, wenn man sich mit den Elektronen im
und außerhalb des Drahtes mitbewegt, so dass
sowohl das einzelne Elektron außerhalb des Drahtes als auch die Elektronen im Draht
ruhend erscheinen? Nach Einstein muss auch die Physik in diesem Bezugssystem von denselben
Maxwellgleichungen beschrieben werden wie die Physik im Bezugssystem, in dem der Draht ruht.
Da sich das Einzel-Elektron außen nun nicht mehr bewegt, nimmt es von einem Magnetfeld keine Notiz mehr,
d.h. die Lorentzkraft ist Null.
Dennoch sollte es in Richtung Draht gezogen werden, denn es handelt sich ja um dieselbe Situation wie vorher,
nur aus einem anderen Bezugssystem heraus betrachtet. Was also zieht das Elektron nun zum Draht hin?
Es stellt sich heraus, dass der Draht in diesem neuen Bezugssystem nicht mehr elektrisch neutral ist,
sondern positiv elektrisch geladen, d.h. im neuen Bezugssystem übernimmt ein elektrisches Feld
die Funktion, die zuvor ein Magnetfeld ausgeübt hat.
Der Grund für die elektrische Ladung des Drahtes
im neuen Bezugssystem ist die relativistische Längenkontraktion:
Der Abstand zwischen zwei ruhenden Ladungen schrumpft im Bezugssystem, in dem sich die Ladungen mit der
Geschwindigkeit in Abstandsrichtung bewegen, auf den kleineren Abstand
mit
( ist die Lichtgeschwindigkeit).
Die Ladungswerte selber ändern sich dabei nicht.
Daraus folgt, dass eine ruhende Ladungsdichte (Ladung pro Volumen) auf den Wert
anwächst, wenn
man sie aus einem mit bewegten Bezugsystem heraus betrachtet.
Die bewegte negative Ladungsdichte im ruhenden neutralen Draht nennen wir nun und die
ruhenden positiven Gegenladungen der Atomkerne .
Im bewegten Bezugssystem ruht nun die negative Ladungsdichte
(wir nennen sie entsprechend ), während die positive Gegenladungsdichte
sich bewegt.
Dabei gilt
Der ruhende Draht soll nun elektrisch neutral sein:
Im bewegten Bezugssystem hat der Draht also die Ladungsdichte
Ein ruhender, stromführender, elektrisch neutraler Draht ist elektrisch geladen,
wenn man ihn aus einem bewegten Bezugssystem heraus betrachtet.
Ein einzelnes Elektron, das sich mit
Geschwindigkeit im Magnetfeld
um den ruhenden Draht herum bewegt, wird aufgrund
der Lorentzkraft zum Draht hingezogen (linkes Bild).
Im bewegten Bezugssystem ruht dieses Elektron jedoch.
Dafür ist nun der sich bewegende Draht elektrisch geladen
und zieht das Elektron an (rechtes Bild).
Anschaulich erscheint es zunächst merkwürdig, dass sich die bewegte Elektronen-Ladungsdichte
anders verhält als der ruhende Draht mit seiner positiven Gegenladung, wenn man zum bewegten Bezugssystem
übergeht. Die Elektronen müssten sich doch jeweils an derselben Stelle im Draht befinden, auch aus dem
bewegten Bezugssystem heraus gesehen.
Doch Vorsicht: die Elektronen bewegen sich gegenüber dem Draht.
Man muss also in jedem Bezugssystem genau angeben, wann sie sich wo befinden.
Und dieses WANN macht den Unterschied, denn beim Wechsel des Bezugssystems sind zuvor gleichzeitige
Ereignisse nicht mehr gleichzeitig. Man betrachtet die Elektronen und die positiven Gegenladungen
beim Bezugssystemwechsel nicht zu denselben Zeitpunkten wie vorher, wenn man dort jeweils
ihre momentanen (also gleichzeitigen) Orte anschaut.
Nur wenn man die Veränderungen in Raum und Zeit beide konsistent berücksichtigt,
kann man die beschriebene Veränderung der Ladungsdichten verstehen. Details würden hier aber zu weit führen.
Man kann sich überlegen, dass die oben berechnete Ladungsdichte genau die richtige ist, um denselben physikalischen Effekt
auf das einzelne Elektron hervorzurufen, den zuvor das Magnetfeld bewirkt hat (siehe Feynman).
Das ist vielleicht überaschend, denn bei einer Geschwindigkeit von
beispielsweise immerhin 3 km/s
ist
und somit ziemlich genau
Die positive Gesamt-Ladungsdichte
des bewegten Drahtes entspricht also nur einem Zehnmilliardstel der
positiven Gegenladungsdichte im ruhenden Draht, die dort wiederum der
Ladungsdichte der bewegten Elektronen entspricht.
Dennoch reicht diese geringe Ladung aus, um das einzelne Elektron ausreichend stark anzuziehen.
Daran merkt man erneut, wie stark die elektromagnetische Wechselwirkung ist, beispielsweise im Vergleich zur
bedeutungslosen Gravitationskraft, die vom Draht ausgeht. Der relativistische Effekt der Längenkontraktion,
der bei kleinen Geschwindigkeiten noch sehr gering ist, führt nur wegen der enormen Stärke der
elektromagnetischen Wechselwirkung zu gut beobachtbaren Effekten (und damit letztlich zu
messbaren Magnetfeldern). Kein Wunder also, dass es die
elektromagnetische Wechselwirkung war, die den Weg zu Einsteins spezieller Relativitätstheorie gewiesen hat.
Man kann die obige Situation noch etwas abwandeln: Wir wollen die positive Gegenladung im Draht weglassen,
also nur noch die negativen Elektronen betrachten.
Im Bild rechts oben hätten wir es also mit einer ruhenden Kette von Elektronen mit Ladungsdichte
sowie einem einzelnen ruhenden Elektron neben der Kette zu tun. Da alle Ladungen ruhen, gibt es kein Magnetfeld.
Im Bild links würden sich dagegen Elektronenkette sowie Einzelelektron mit Geschwindigkeit bewegen.
Die bewegte Elektronenkette bildet einen elektrischen Strom und erzeugt ein Magnetfeld, das das ebenfalls
bewegte Elektron zur Elektronenkette hinzieht.
Im Gegenzug ist die Ladungsdichte dieser Elektronenkette gemäß
angewachsen.
Das Magnetfeld gleicht diese verstärkte elektrische Abstoßungskraft aus.
Wichtig ist: Es hängt hier vom Bezugssystem ab, ob wir ein Magnetfeld sehen oder nicht.
Das Magnetfeld wird gebraucht, um den relativistischen Effekt der
Lorentzkontraktion für die Ladungsdichte der
Elektronenkette auszugleichen. Das Magnetfeld ist also eine
Konsequenz der speziellen Relativitätstheorie.
e) relativistische Formulierung der Maxwellgleichungen
Betrachtet man die Maxwellgleichungen genauer, so stellt man fest, dass sie mit unseren normalen Vorstellungen
von Raum und Zeit nicht zusammenpassen.
Formal ausgedrückt: Die Maxwellgleichungen sind nicht invariant unter Galileitransformationen
(so dass man anschaulich
in ein neues Bezugssystem wechselt, dass sich mit der Geschwindigkeit bewegt).
Sie würden demnach nur in einem ausgezeichneten Ruhesystem gelten, nicht aber
in dazu gleichförmig bewegten Bezugssystemen.
Ein Beispiel:
Oben hatten wir gesehen, dass elektromagnetische Wellen eine Lösung der Maxwellgleichungen
ohne Ladungen und Ströme sind, und dass sie sich immer mit der Geschwindigkeit
bewegen.
Wenn wir nun mit der Geschwindigkeit einer solchen Welle hinterherlaufen, so
muss sich diese Welle in diesem neuen bewegten Bezugssystem mit der geringeren
Geschwindigkeit bewegen – zumindest nach den gängigen Vorstellungen,
d.h. gemäß den Galileitransformationen.
Eine solche langsamere Welle ist keine Lösung der obigen Maxwellgleichungen mehr,
d.h. die Maxwellgleichungen müssten in dem bewegten Bezugssystem anders aussehen als
in dem unbewegten Bezugssystem, um elektromagnetische Wellen mit der
Geschwindigkeit zu erlauben.
Es müsste sogar möglich sein, statische elektromagnetische Wellen zu beobachten,
wenn man genau mit der Geschwindigkeit hinterherläuft.
Das Problem ist nun: Solche statischen elektromagnetischen Wellen sind nie beobachtet worden.
Stattdessen findet man im Experiment, dass die Maxwellgleichungen in jedem gleichförmig bewegten Bezugssystem
(Inertialsystem) dieselbe Gestalt haben, mit denselben Feldkonstanten.
Entsprechend haben elektromagnetische Wellen in jedem Inertialsystem dieselbe Geschwindigkeit,
nämlich die Lichtgeschwindigkeit .
Also müssen unsere Vorstellungen über Raum und Zeit revidiert werden.
Die Galileitransformationen können den Wechsel zwischen gleichförmig bewegten Bezugssystemen
nicht korrekt beschreiben, und wir müssen andere Raum-Zeit-Transformationen finden,
die die Form der Maxwellgleichungen und damit die Geschwindigkeit elektromagnetischer Wellen
unverändert lassen. Außerdem müssen
diese Transformationen für kleine relative Geschwindigkeiten
(gegenüber ) der Bezugssysteme in die Galileitransformationen übergehen.
Diese Transformationen nennt man Lorentztransformationen
(oder, wenn man Raum-Zeit-Translationen hinzunimmt, Poincarétransformationen).
Mathematisch beschreibt man eine Lorentztransformation durch eine reelle 4-mal-4-Matrix .
Bei einem Wechsel des Inertialsystems fasst man dabei die Zeit (multipliziert mit ) und
die Raumkoordinaten
eines Inertialsystems zu einem vierdimensionalen Vektor (Vierervektor)
zusammen und berechnet die Raumzeit-Koordinaten in einem neuen Inertialsystem
nach der Formel
aus den alten Koordinaten.
Die Koordinatenindizes haben wir dabei oben geschrieben, wobei wir die Zeitkoordinate als nullte Koordinate
bezeichnen.
Betrachten wir ein Lichtteilchen (Photon), dass sich mit Lichtgeschwindigkeit in Richtung eines
Einheitsvektors (mit ) bewegt, so dass sein Aufenthaltsort gleich
ist.
Also ist der Pfad (die sogenannte Weltlinie) für dieses Teilchen in der Raumzeit
gegeben durch
und es gilt
Für eine Lorentztransformation fordern wir nun, dass
sie die Minkowskimetrik
zweier Vierervektoren und
nicht ändert:
Denn dann gilt für unser Lichtteilchen bei einem Wechsel des Inertialsystems
die Gleichung
also
und somit
d.h. auch in den neuen Koordinaten
ist wieder die Bewegung des Lichtteilchens durch
gegeben – das Teilchen fliegt also wieder mit Lichtgeschwindigkeit,
wenn auch möglicherweisein eine andere Richtung .
Außerdem muss die Zeit im neuen Inertialsystem nicht dieselbe sein wie die Zeit im alten Inertialsystem.
Weitere Details dazu habe ich in den Zusatzinfos zu
Kapitel 3.2 (spezielle Relativitätstheorie) beschrieben.
Hier noch eine nützliche Schreibweise, die Sie dort finden und die
wir im Folgenden verwenden:
Wir bezeichnen Indizes 0 bis 3 mit griechischen Buchstaben, Indizes
1 bis 3 mit lateinischen Buchstaben:
und summieren in allen Formeln über doppelte Indizs
(Einsteinsche Summenkonvention), z.B.
Wir definieren die metrische 4-mal-4-Diagonalmatrix als
und verwenden diese, um Indizes hoch- und runterzuziehen (mit Summenkonvention):
so dass
ist.
Damit ist
Die Matrixelemente von schreiben wir als ,
so dass
ist. Die Bedingung
wird dann zur Bedingung
Wir können nun die Maxwellgleichungen in diese Schreibweise übersetzen.
Dazu fassen wir das elektrische und das magnetische Feld zu einer 4-mal-4-Matrix
(dem Feldstärketensor)
zusammen:
Dabei ist der dreikomponentige elektrische Feldvektor und
ist eine 3-mal-3-komponentige schiefsymmetrische Matrix, die die Komponenten des
magnetischen Feldes enthält,
so dass
ist (usw. zyklisch) und die Gleichung
gilt.
Die Bewegungsgleichung für ein elektrisch geladenes Teilchen lautet dann
mit der Eigenzeit (das ist die Zeit auf einer Uhr, die mit dem Teilchen mitfliegt)
mit
mit dem Lorentzfaktor
und der Vierergeschwindigkeit
und mit dem Viererimpuls
Hier ist die
relativistische Energie (nicht zu verwechseln mit dem elektrischen Feld )
und ist der übliche räumliche Teilchenimpuls.
Details dazu siehe Zusatzinfos zu Kapitel 3.2.
Überprüfen wir, ob die Gleichung
tatsächlich die bekannte Bewegungsgleichung ergibt, wobei wir
auf den Vorzeichenwechsel beim Hochziehen des Indexes von
für die räumlichen Komponenten achten müssen:
Die Gleichung für
ergibt:
und somit
(wobei links die Teilchenenergie und rechts das elektrische Feld steht).
Die Gleichung für ergibt:
und somit
Diese zweite Gleichung repräsentiert die bekannte Kraft auf ein elektrisch geladenes Teilchen,
und die obere erste Gleichung
ist die zur Impulsänderung zugehörige Energieänderung, denn
(nur die elektrische Kraft ändert die Energie,
nicht aber die magnetische Kraft, da diese immer senkrecht zur Bewegungsrichtung wirkt).
Die Gleichung
ist also lediglich eine andere Schreibweise für die bisher bereits bekannte Gleichung
und die zugehörige Energieänderung.
Die neue Schreibweise hat aber den Vorteil, dass sie mit Größen formuliert ist,
die alle ein sehr einfaches Transformationsverhalten bei Lorentztransformationen
aufweisen, denn es gilt:
wobei die letzte Gleichung für
steht (mit Summenkonvention) und damit das Transformationsverhalten von
und
übersichtlich zusammenfasst.
Für die Vierergeschwindigkeit folgt dieses Transformationsgesetz unmittelbar aus der Definition
wobei ein lorentzinvarianter Kurvenparameter (die Eigenzeit) ist,
denn ist lorentzinvariant normiert:
siehe
siehe Zusatzinfos zu Kapitel 3.2 ).
Für den Viererimpuls folgt das Transformationsgesetz aus der Definition
wobei
die lorentzinvariante Ruhemasse ist.
Für den Feldstärketensor
folgt das Transformationsgesetz aus den Maxwellgleichungen
und der Forderung, dass sich die Lichtgeschwindigkeit bei Lorentztransformationen nicht ändern soll
(mehr dazu gleich).
Und für die elektrische Ladung müssen wir die Invarianz bei Lorentztranformationen
hier als Zusatzinfo hineinstecken.
Das ist ein experimentelles Ergebnis: Nur so sind elektromagnetische Kraft und
Maxwellgleichungen lorentzinvariant, gelten also in allen Inertialsystemen, wie es das Experiment zeigt.
Mehr dazu weiter unten.
In der neuen Schreibweise ist unmittelbar erkennbar, dass die Gleichung ihre
Form bei Lorentztransformationen nicht ändert, denn gilt die Gleichung für die
ungestrichenen Größen, so gilt sie auch für die transformierten (gestrichenen) Größen.
Das sieht man in der alten Schweibweise mit und nicht sofort,
sondern man muss es mühevoll nachrechnen.
Dabei ist in der neuen Schreibweise wichtig, dass der Index einmal oben und einmal unten steht, so dass
er sich genauso verhält wie in
,
wobei gilt (d.h. die Lorentzmatrix fällt beim -Index weg).
Nun müssen wir nur noch die Maxwellgleichungen in die neue Schweibweise umformen.
Dazu fassen wir Ladungsdichte und Stromdichte zur Viererstromdichte
zusammen. Die Kontinuitätsgleichung lautet dann
Dabei ist
also
Nun haben wir oben gesehen, dass die Kontinuitätsgleichung eine Folge der Maxwellgleichungen ist.
Wenn nun die Maxwellgleichungen in jedem Inertialsystem gelten sollen,
so muss dies auch für die Kontinuitätsgleichung gelten.
Daraus können wir ablesen, dass sich die Viererstromdichte bei Bezugssystemwechsel wie ein Vierervektorfeld
transformieren muss:
mit
oder gleichwertig dazu
Man kann nun mithilfe dieses Transformationsgesetzes leicht nachrechnen:
Wenn die Kontinuitätsgleichung erfüllt,
so gilt das auch für .
Da die Kontinuitätsgleichung in jedem Inertialsystem gilt, ändert sich die elektrische Ladung
eines Teilchens bei Bezugssystemwechsel nicht, wie wir es oben bereits verwendet haben.
Die Ladungsdichte kann sich dagegen durchaus ändern, insbesondere aufgrund der Lorentzkontraktion – dies hatten
wir oben in Abschnitt d) bereits verwendet. Auch die Stromdichte wird sich ändern.
Beide zusammen werden durch einen Vierervektor beschrieben, dessen Transformationseigenschaften
die Lorentzkontraktion und Zeitdilatation geeignet kompensieren, so dass die elektrische Ladung selbst
sich nicht ändert.
Im Detail sieht das so aus:
Angenommen, wir hätten eine kleine kompakte ruhende Ladungsdichtewolke vor uns,
z.B. eine geladene Kugelwolke.
Die Viererstromdichte transformiert sich beim Bezugssystemwechsel nun genauso wie die
Vierergeschwindigkeit dieser Ladungsdichte, so dass wir
schreiben können.
Dabei ist die Ladungsdichte der Wolke im Ruhesystem, denn dort ist
Betrachtet man nun die Ladungswolke aus einem bewegten Bezugssystem heraus,
so dass sie sich mit der Geschwindigkeit bewegt, so
ist die Vierergeschwindigkeit des Teilchens dort gleich
und die Stromdichte wird gleich
Die Ladungsdichte der bewegten Ladungswolke ist also gleich
d.h. die ruhende Ladungsdichte wird mit dem Faktor
multipliziert. Genau dies kennen wir bereits aus Abschnitt d) (siehe oben).
Die Stromdichte ist dabei gegeben durch
Zum Vergleich die Gravitation:
Wie wird die relativistische Beschreibung von Gravitationsquellen in der allgemeinen
Relativitätstheorie aussehen?
Coulomb-Gesetz und Newtons Gravitationsgesetz sehen ja praktisch gleich aus, nur dass
die Ladung durch die Masse ersetzt wird.
Aber: elektrische Ladungen sind auch in der Relativitätstheorie erhalten, Massen dagegen nicht!
Daher ist in der allgemeinen Relativitätstheorie nicht die Masse, sondern die
relativistische Gesamtenergie eine Quelle der Gravitation
(siehe Zusatzinfos zu Kapitel 7.1).
Anders als die elektrische Ladung ändert sich die Energie aber
beim Wechsel des Bezugssystems, denn sie ist die Null-Komponente
des Viererimpulsvektors.
Geht man nun vom Viererimpuls zu einer Viererimpulsdichte über (so wie man von Ladungen zur el. Stromdichte übergeht),
so braucht man zur deren relativistischer Beschreibung ein Objekt
mit zwei Indices: Ein Index hat seinen Ursprung im Viererimpuls, und der zweite Index
kommt daher, dass wir zu Viererimpuls-Stromdichten übergehen (analog entsteht ein Index,
wenn wir von der elektrischen Ladung zur elektrischen Viererstromdichte übergehen).
Statt von der Viererimpuls-Stromdichte spricht man auch vom
Energie-Impuls-Tensor.
Mithilfe des Feldstärketensors und der Viererstromdichte kann man nun die
beiden Maxwellgleichungen
folgendermaßen zusammenfassen
(wobei wir verwenden):
Kurze Kontrollrechnung:
ergibt:
und somit
ergibt:
und somit
Passt also! Die relativistische Schreibweise der Maxwellgleichungen erlaubt es zudem,
direkt die Kontinuitätsgleichung abzuleiten, indem wir
auf sie anwenden (und über summieren):
Wenn wir links in der Summe die Indices und ineinander
umbenennen und die Antisymmetrie von
verwenden, so sehen wir, dass der Term links gleich Null sein muss, so dass auch
gilt.
Wie sieht es mit den beiden anderen Maxwellgleichungen
aus?
Diese beiden Gleichung schreiben wir dazu etwas um, so dass sie den anderen beiden Gleichungen
möglichst ähnlich werden:
Damit ist klar: Wir erhalten diese beiden Gleichungen, wenn wir in den beiden anderen Gleichungen
von oben
Ladungs- und Stromdichte Null setzen sowie darin durch
und durch ersetzen.
Diese Ersetzung müssen wir also auch im Feldstärketensor vornehmen – den so entstehenden neuen
dualen Feldstärketensor nennen wir :
wobei unten rechts wieder die entsprechende schiefsymmetrische Matrix steht.
Die beiden Maxwellgleichungen
und
lauten dann also:
Die Gleichung ermöglicht es, die Felder und
als Ableitungen des elektrischen Potentials
und des Vektorpotentials zu schreiben (siehe oben):
Auch hierfür können wir eine relativistische Schreibweise angeben, indem wir das Viererpotential
einführen, denn dann kann man diese beiden Gleichungen zusammenfassen zu:
mit
So ist beispielsweise
was wie gewünscht die Gleichung
ergibt.
Wenn man nun in den Maxwellgleichungen
den Feldstärketensor über
durch das Viererpotential ausdrückt, so ergibt sich folgende Gleichung für das Viererpotential:
Im zweiten Term links kann man nun die Ableitungen vertauschen (das Potential ist dafür gutartig genug):
Nun ist das Viererpotential nicht eindeutig bestimmt, denn auch das Viererpotential
ergibt denselben Feldstärketensor wie , da der -Zusatzterm
wegen der Vertauschbarkeit der Ableitungen wegfällt:
Das ist genau die Eichtransformation der Potentiale, die wir
oben bereits kennengelernt haben, nur jetzt
in relativistischer Schreibweise. Damit ist es uns möglich,
jedes Viererpotential so umzueichen, dass es die Bedingung
erfüllt (Lorentzeichung).
In der Lorentzeichung lauten die Maxwellgleichungen dann (ausgedrückt durch das Viererpotential):
Dabei steht links der bekannte Wellenoperator
Im leeren Raum ohne Ladungen und Ströme (also ) ergibt sich damit
für jede Komponente des Viererpotentials die Wellengleichung
Wir sehen hier also unmittelbar, dass die Maxwellgleichungen
im ladungsfreien Fall ebene Wellen als Lösungen haben, und zwar
zunächst für die Potentiale und damit auch
für die daraus abgeleiteten elektromagnetischen Felder.
Diese Wellen bewegen sich in jedem gleichförmig bewegten Bezugssystem
mit Lichtgeschwindigkeit.
Literatur:
Feynman, Leighton, Sands:
Feynman Vorlesungen über Physik, Band 1: Mechanik, Strahlung, Wärme
– Feynman zitiert hier nicht nur mal eben die Grundgesetze der Mechanik, sondern er macht sich viele
tiefergehende Gedanken darüber, insbesondere in Kapitel 9, 10 und 12-1 und 16-1 (sehr lesenswert, besonders wenn man glaubt,
schon alles darüber zu wissen).
Feynman, Leighton, Sands:
Feynman Vorlesungen über Physik, Band 2: Elektromagnetismus und Struktur der Materie
– sehr umfassend und gut, besonders wenn man das Thema Elektromagnetismus schon etwas kennt.
Wie immer gibt sich Feynman große Mühe, den Dingen auf den Grund zu gehen
und dem Leser eine anschauliche Vorstellung von der Physik zu vermitteln,
um die es jeweils geht.
Berkeley Physik Kurs, speziell Band 2 über Elektrizität und Magnetismus
– ein sehr gutes Lehrbuch zu diesem Thema.